„Ich mache das, wofür oft keine Zeit mehr bleibt: zuhören“

Anmerkung der Redaktion: Auf Wunsch von Dr. med. vet. Helmut Wentges wurde auf ein persönliches Foto verzichtet.

Dr. med. vet. Helmut Wentges ist Tierarzt aus Leidenschaft – und Überzeugung. Seit mehr als drei Jahrzehnten kümmert er sich in und um Billerbeck in Nordrhein-Westfalen um alles, was vier Beine hat – vom Ferkel über die Stute bis zum Familienhund. Im Interview spricht er über den Wandel seines Berufsstands, die neue Generation mit anderen Vorstellungen von Arbeitszeit und Lebensbalance – und darüber, wie man mit der richtigen Software den Kopf frei bekommt für das, was wirklich zählt: Zeit für Tier, Mensch und ehrliches Zuhören.

Warum sind Sie Tierarzt geworden, Herr Dr. Wentges?

Der Klassiker: Mein Vater war Tierarzt. Ich habe dadurch die Liebe zum Beruf kennengelernt und wusste schon als Sechsjähriger, dass ich Tierarzt werden möchte.

Haben Sie dann die Praxis Ihres Vaters übernommen?

Nein, genau das nicht. Mein Vater hatte eine große Kleintierklinik und sicher gehofft, dass ich eines Tages übernehmen werde. Ich habe damals viel mitgeholfen, mich hat aber auch die landwirtschaftliche Nutztierhaltung interessiert. 

Ist die landwirtschaftliche Nutztierhaltung Ihr Schwerpunkt?

Ganz so kann man das nicht sagen, ich sehe mich eher als klassischen allgemeinen Praktiker, die sind heute fast vom Aussterben bedroht. Wie ein Hausarzt in der Humanmedizin: ich mache die klassische Grundversorgung, habe kein CT oder MRT. Ich bin die erste Ansprechperson, höre zu. Die Spezialisierung auf eine Tierart und viele, viele Kilometer zu fahren, um große Betriebe zu betreuen, das mache ich nicht. Stutengynäkologie ist vielleicht noch am ehesten mein Steckenpferd.

Sie sind seit 1991 Tierarzt und haben sehr viel Erfahrung und viel miterlebt über die Zeit. Was hat sich in Ihrem Beruf in den letzten Jahrzehnten verändert?

Dass ein Tierarzt wirklich zuhört und unkonventionelle Lösungen findet, ist selten geworden. Ich finde es wichtig, zum Beispiel auch mal die Ernährung zu hinterfragen. Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung entwickelt sich hin zu Großbetrieben. Würden die Rinder- und Schweinehaltenden Betriebe nicht größer werden, könnten sie nicht mehr überleben. Es gibt heute viel mehr Auflagen, Restriktionen, viele junge Landwirte haben auch nicht mehr das gesellschaftliche Ansehen wie früher. Meiner Meinung nach haben auch Politik und Medien dazu beigetragen, dass dieses Berufsbild des Landwirts beschädigt wurde.

Landwirtschaft unter Druck: Zwischen Auflagen und Erwartungshaltung

Wie meinen Sie das?

Es geht immer um den Ausschnitt der Realität, der gezeigt wird. Wenn ich Bilder von Schweinebetrieben sehe, wo Schweine angebissen wurden, dann entspricht das nicht dem allgemeinen Bild. Die Landwirte sind oft wirklich engagierte Leute, aber der Spagat zwischen Auflagen zur Tierhaltung und der Bereitschaft der Menschen, dafür zu bezahlen, ist meiner Meinung nach zu groß. Das führt dazu, dass man nur noch in Großbetrieben Rendite erwirtschaften kann, indem man die Fixkosten auf viele Tiere verteilt.

Was bedeutet das für die Tierärzte?

Bei Rindern und Schweinen betreuen wir nur noch einen Bruchteil der Betriebe im Vergleich zu früher, dafür sind es meistens größere Betriebe. Die Technisierung nimmt zu, das betrifft Lüftung, Fütterung, Management-Systeme. Bei den Pferden hatten wir früher meistens die bäuerliche Sportpferdehaltung – das heißt, auf dem Hof waren zwei oder drei Pferde, die Kinder sind damit geritten und sie wurden vielleicht noch zur Zucht genutzt. Heute ist es mehr eine Hobbyhaltung von Privatleuten, oft aus der Stadt, die sich sportlich betätigen wollen. Das ist enorm teuer und kann sich nicht jeder leisten. Den hochklassigen Turniersport betreuen hochspezialisierte Kollegen, damit habe ich nichts zu tun. Ich kümmere mich um Hobby-Pferdehalter und Züchter. Auch die Züchter sind weniger geworden, weil die Kosten steigen und sie für die Fohlen nicht mehr so gute Preise erzielen wie früher.

Ist der Umgang mit den Tierbesitzern ein anderer?

Ich habe das Gefühl, dass sie oft sehr dankbar sind, dass jemand auch am Freitag nach 18 Uhr da ist. Es gibt sehr viele Kollegen, die nach Feierabend ihr Handy ausschalten und nicht mehr erreichbar sind. Es heißt immer, es gäbe keinen Tierärztemangel, aber für Tierbesitzer ist es oft schwierig, jemanden zu finden, der sich um Notfälle kümmert.

Erreichbarkeit und Einsatz: Wie viel Idealismus braucht Tiermedizin?

Wie lässt sich ihr Beruf mit dem Privatleben vereinbaren?

Hm, schwer. Das war bei meinem Vater schon so, das war bei meinen Vorgängern so. Ich bin jetzt 62 Jahre alt und hatte immer schon die Haltung, dass die Patienten an erster Stelle stehen. Ich glaube, das hat sich massiv geändert. Der Egoismus ist in allen Lebensbereichen stärker geworden. Viele sind nicht mehr bereit, sich für ihren Beruf aufzuopfern. Ich bin ethisch verpflichtet, den Tieren zu helfen, deshalb habe ich diesen Beruf ergriffen, das ist meine Berufung. Ich hatte tierärztliche Assistenten in meiner Praxis, die am liebsten nur von 9 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr erreichbar gewesen wären, keinen Wochenenddienst und keinen Notdienst machen wollten. In dem Fall kann ich die Arbeit auch alleine machen.

Wie stellen Sie sich die Zukunft der Tiermedizin vor, was glauben Sie, wird sich in den nächsten Jahren noch verändern?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird noch ein größeres Thema werden als sie es jetzt schon ist, der Berufsstand wird zunehmend weiblich. Es wird mehr Gemeinschaftspraxen und große Kliniken geben, damit diese Vereinbarkeit und Teilzeitmodelle möglich sind. Kinder sind die Zukunft, es ist natürlich wichtig, dass für die Kinderbetreuung Zeit bleibt. Für die Rente wird das in Folge natürlich schwierig, und dann ist plötzlich auch bei Tierärzten die Altersarmut ein Thema.

Digitalisierung mit Vetera: Ein Praxisumstieg mit Langzeitwirkung

Und noch eine Frage zu Ihrem Praxisalltag: Wie nutzen Sie Vetera?

Ich hatte vorher ein analoges System, sowie eine ältere Software. Im Dezember 2022 gab es bei uns einen großen digitalen Umbruch. Das hatte damit zu tun, dass wir ab dann auch für die Kühe ein Antibiotikamonitoringsystem einstellen mussten. Ich habe das Glück, dass einer meiner Söhne ein Händchen für IT & Programmieren hat, er hat mir eine digitale Infrastruktur aufgebaut. Ich habe also jetzt in den Behandlungsräumen, im Büro und am Empfang PCs, dort haben wir Vetera eingespielt. Ich habe Standardbehandlungen, Gebührenordnungstitel, Medikamente, sowie die Kunden mit ihren jeweiligen Tiergruppen  hinterlegt. Das war eine Nacht- und Nebelaktion im Dezember 2022, da hat mir das Team von Vetera sehr geholfen. Wir haben Schulungen gemacht, bis meinen Damen die Köpfe geraucht haben. Der Terminkalender klappt wunderbar, ich rufe das Tier auf, gebe die Standardbehandlung ein, und vorne am Empfang wird die Abrechnung gemacht. Ich kann Ihrem Kollegen Herrn Kasar nicht genug danken – vor allem für den Tipp, dass ich gleich alles auf einen Schlag glattziehen soll. Ich mache einmal im Monat die Abrechnung, übermittle steuerrelevante Daten an das Steuerbüro und an Datev, das funktioniert zu 100%. Ich bin sehr dankbar, dass das Vetera Team die Software nach den gesetzliche Vorgaben wie dem Antibiotika-Monitoring auf dem aktuellsten Stand halten.

Gibt es etwas, das Sie sich von Vetera noch wünschen würden?

Ich bin sehr zufrieden mit dem Support, die helfen mir immer weiter oder rufen verlässlich zurück, also immer alles sehr positiv.

Das freut mich.

Ich habe sicher selber auch sehr viel vorangetrieben, weil ich die Umstellung schnell erledigt haben wollte, mein Team hat das auch sehr gut mitgemacht. Aber ich wollte einfach sagen, dass ich wirklich mit der ganzen Mannschaft von Vetera sehr zufrieden bin.

Ich danke Ihnen von Herzen für Ihre Zeit und die spannenden Einblicke in Ihren Berufsalltag, Herr Dr. Wentges.

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